Sondereinsatzkommando

In diesem Blogabschnitt wollen wir über Kriminalität sprechen. Wir werden meine Vergangenheit im Laufe der Zeit auf jeden Fall vertiefen, wobei wir auf mein kriminelles Suchtleben eingehen werden.

Für normale Verhältnisse steckte ich schon ziemlich tief in der Scheiße und bin für viele aus damaliger Sicht definitiv der geborene Berufsverbrecher gewesen.

Wir beginnen diesen Blogabschnitt aber zuallererst mit einem Kapitel aus meiner Biografie: „Fesseln der Sucht: Mein Weg zurück ins Glück“

Sondereinsatzkommando

Mein turbulentes Leben mit allerlei Drogendeals lief so dahin. Ich war immer auf der Hut, nicht erwischt zu werden und so ging alles gut. Eines Tages fuhr ich zu meinem Kollegen, der mich mit Drogen versorgte. Ich wollte ihm eine größere Menge Geld vorbeibringen und gemeinsam mit ihm die nächste Lieferung planen.

Er mietete für solche Treffen immer extra eine Wohnung an, die auf einen anderen Namen lief. Er fühlte sich so geschützter vor den Drogenfahndern. Als ich in der Wohnung eintraf, war ein Kollege von ihm vor Ort und sagte mir, dass mein Lieferant erst in einer halben Stunde wiederkomme. Also wartete ich dort und wir tranken gemeinsam Tee. Bier war bei solchen Treffen tabu, denn ich musste klar im Kopf sein.

Als mein Lieferant nach einer Stunde endlich eintraf, war ich schon leicht genervt von der Warterei, weil ich noch andere Termine hatte und mich verspäten würde. Er war selbst gereizt und sagte nur: »Die stehen da immer noch, das geht schon die ganze Woche so.«

»Was ist denn mit dir los?«, fragte ich ihn. Er zog daraufhin den Vorhang vor dem Fenster ein kleines Stück zur Seite und zeigte auf ein Auto. Ich erkannte zwei Männer darin. Mein Lieferant erklärte mir, dass das Zivilfahnder seien, die ihn schon die ganze Woche beschatteten. Er meinte, wenn die mich nun aus dem Haus kommen sehen, werden sie mir mit hoher Wahrscheinlichkeit folgen und mich nach einer Weile aus dem Verkehr ziehen. »Hast du noch Stoff im Auto?«, fragte er mich.

Ich überlegte und war unsicher. Dann fiel mir ein, dass ich noch Ecstasy-Tabletten im Auto hatte und das nicht wenig.

Ich ärgerte mich. Zum einen über mich selbst wegen meines unprofessionellen Verhaltens und zum anderen über ihn. Warum bestellte er mich her, wenn er wusste, dass er beschattet wurde? Ich gab ihm das Geld, was ja der Grund war, weshalb ich da war und sagte: »Ich habe keinen Kopf mehr, hier noch irgendetwas zu planen. Ich mach jetzt erst mal eine Pause. Wer weiß, inwiefern die mich schon auf dem Kieker haben.«

Das Problem mit den Tabletten in meinem Auto wollten wir so lösen, dass ich mit seinem Auto wegfahren würde, welches »sauber« war. Irgendwann in den nächsten Tagen sollte ich sein Auto zurückbringen und mit meinem Auto wegfahren.

Uns war klar, dass eine geniale Idee anders aussah. Was, wenn sie mich mit meinem Auto hatten kommen sehen? Aber es blieb uns nun auch nichts anderes übrig.

Er gab mir seinen Autoschlüssel und ich machte meinen Handyakku auf dem Weg zur Tür wieder ins Telefon. Diesen nahmen wir bei unseren Treffen grundsätzlich raus. Es hieß, dass die Kripo durch ein eingeschaltetes Handy Gespräche mithören konnte. Wir wollten auf Nummer sicher gehen.

Ich war etwa zwei Meter von der Haustür entfernt, als diese plötzlich eingeschlagen wurde. Ich wusste gar nicht, was geschah. Es ging alles so schnell. Ich wurde auf den Boden geschmissen und ein Zivilpolizist sprang mir in den Rücken, um mich festzuhalten. Aus den Augenwinkeln sah ich mindestens sieben weitere Beamte, die durch den Flur in die Zimmer liefen und riefen: »GESICHERT!!!« Bei meinem Sturz verlor ich meinen Schlüssel und mein altes Nokia 3310 zersprang in mehrere Teile. Zum Glück hatte ich mich zu der Zeit schon lange von dem Luxus verabschiedet, ein Smartphone zu besitzen.

Als ich versuchte, meinen Kopf zu heben, schrie ein Polizist: »Bleib unten du Penner!!!« Er stieß mir gegen den Hinterkopf. Keiner kann mir erzählen, dass er in so einer Situation noch den coolen Macker machen würde. Die Jungs dieses Sonderkommandos gingen so professionell vor, das kann man kaum in Worte fassen. Mir war klar, dass mussten sie schon länger geplant haben. Ich war ganz klein mit Hut und bat den Beamten, der mich festhielt, er solle nicht so grob sein.

Nachdem meine Taschen durchsucht worden waren, wurde ich aufgehoben und in einen Raum geführt, wo ich die Hose runterlassen musste. Ein Kripobeamter befahl mir, dass ich meinen Penis von rechts nach links bewegen sollte. »Ich kenn eure Verstecke ganz genau«, sagte er. Dann fragte er mich, wo ich hin wolle und was ich hier mache. Ich sagte ihm, dass ich dazu keine Angaben machen möchte.

Dann hob er den Autoschlüssel von meinem Kollegen auf und sagte mir, dass wir jetzt zusammen runtergehen und ich ihm zeigen soll, wo der Stoff ist.

Ich wurde in Handschellen nach unten geführt. Ich konnte sehen, dass die Seitenstraße, in der sich der Wohnblock befand, mit Straßensperren gesichert war. Unten am Eingang des Blocks standen zudem bewaffnete Polizeibeamte.

Am Auto angekommen sagte ich, dass dort keine Drogen oder Ähnliches drin seien.

Es kamen zwei weitere Beamte dazu und durchsuchten den Wagen gründlich. Mein eigenes Auto parkte direkt daneben und einer der Polizisten hatte die Teile von meinem Handy und meinen eigenen Schlüssel, den ich zuvor in der Hosentasche hatte, in der Hand.

Ich schwitzte und hoffte, dass er nicht auf die Idee kam, mich zu fragen, zu welchem Auto der Schlüssel gehört, den er in meiner Hosentasche gefunden hatte.

Keine Ahnung warum, aber es war zum Glück nicht der Fall. Ich wurde mit Handschellen gefesselt hoch in die Wohnung geführt, wo inzwischen schon Polizeihunde und bestimmt zwei Dutzend Leute waren.

Ich sagte, dass ich keine Aussage machen möchte. Außerdem hätte ich es eilig und würde gerne gehen. Ich bekam meinen Autoschlüssel und auch den von meinem Kollegen wieder. Das Handy haben sie als Beweismaterial behalten.

Bis heute ist mir nicht klar, warum sie mich einfach haben gehen lassen, warum keine Überprüfung der Fahrzeughalter stattfand und warum keiner stutzig wurde, dass ich zwei Autoschlüssel dabei hatte.

Da die Straßensperre noch dort war, lief ich los. Hauptsache weg.

Ich hatte keine Ahnung, wohin ich lief. Mein Weg führte mich einfach geradeaus. Ich war noch so geschockt von der ganzen Situation, dass ich erst einmal nur flüchten wollte.

Erst viel später bemerkte ich meine starken Rückenschmerzen.

Ich glaube, erst nach einer Stunde bin ich zurück zum Geschehen gegangen.

Als ich sah, dass sich die Lage beruhigt hatte, sprang ich schnell in mein Auto und raste davon. Die Jungs waren scheinbar so schnell wieder weg, wie sie gekommen sind.

Die Tabletten warf ich in der nächsten Kurve aus dem Fenster. Ich trauerte keine Sekunde um das Geld, das ich mit den Tabletten verdient hätte und war einfach froh, dass ich auf dem Weg in Richtung Heimat war.

 

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